ZOLLSTOCK „Zwischen jeden Discounter gehört ein hervorragend gepflegter Kunstrasenplatz“. Dieses Sprichwort, dessen Ursprung nicht bekannt ist, trifft auch auf Zollstock zu.
Im Süden, fast an der Grenze zu Bayenthal öffnete 2003 REWE-Tochter Penny eine Filiale am Gürtel. Aktuelles Angebot: ISO-Sport. 3,59€ der Sechserträger, zuzüglich Pfand. Inflation. Im Norden, am Grenzgleis zu Klettenberg offeriert Aldi seinen Kunde zwischen Waschmittel von Tandil und Moser Roth Edelbitter auch schon ein geschmackloses Fanshirt für die anstehende WM in Katar.
Dazwischen ein Baumarkt, der gerade die ersten Hot-Tubs in die Eingangshalle gestellt hat. Vorbereitung für einen kalten Winter. Energiekrise? Passt bei toom! nicht ins Konzept.
Zwischen all diesem Konsum ragen vier Stahlträger in den Himmel. Es sind Flutlichter. Die, so möchte man meinen, braucht es heute angesichts des Supermondes gar nicht, der das bizarre Bild am Ende der Kendenicher Straße komplettiert. Die Heimat des SV Rot-Weiß Zollstock wird auch das Dreisamstadion des Kölner Südens genannt. Irgendwas ist hier anders. Vielleicht ist es breiter als die meisten anderen Plätze, möglicherweise aber auch kürzer. Experten streiten sich. Ein Hauch Freiburg in Köln.
Einen Heimvorteil der Trinkvereinigung Sülzolloberg im Derby haben die 23 Zuschauer an diesem Tag allerdings nicht sehen können. Zu ebenbürtig trat der Och Jeck F.C. auf, auch wenn das Zwischenergebnis etwas anderes vermuten ließ.
Vielleicht glich man den vermeintlichen Vorteil der Gastgebers aber auch durch das penetrante Kläffen von Jonas Hackmanns Köter aus.
Die äußeren Bedingungen lassen dabei eigentlich wenig Grund zum bellen. Ein milder Spätsommerabend, definitiv kein Hot-Tub Wetter. Die ersten Minuten plätschern dahin. Mittelfeldgeplenkel, abtasten. Dann ein Fernschuss aus der Kategorie „Warum nicht“. Felix Lesch. Kurzes Raunen im weiten Rund. Die Partie ist ausgeglichen, die großen Chancen lassen auf sich warten. Bis zur 15. Minute. Aus dem viel zitierten „nichts“ das 1:0 für den Gegner.
Unser Schnapper des Tages war weder der Iso Drink von Penny, noch ein Waschmittel. Unser Schnapper des Tages hört auf den Namen Tim Ott und im Anschluss gleich mehrmals gefordert. Die Führung gibt dem Gegner Auftrieb, die Reaktionsfähigkeit von Ott bleibt aber herausragend. Aufstehen, kurz schütteln und Krönchen richten ist nicht nur das Motto diverser Kalendersprüche, es trifft an diesem Tag auch mehrmals auf den Och Jeck FC zu. Julian hat die hundertprozentige auf dem Fuß, 25. Minuten sind da gespielt. Weitere Chancen und ein beinahe-Traumtor von Arlt machten Hoffnung für die zweite Hälfte.
Jonas „Hacki“ Hackmann beackert den rechten Flügel, sein Blick geht aber immer wieder Richtung Hund, der am Seitenrand mittlerweile Beleidigungen aus der Heimkurve ausgesetzt ist. Folgerichtig ist in der Halbzeit Schluss für ihn. Platzverweis. Den Rest des Spiels verfolgt Rudi aus dem Hackmännschen Kofferraum. PETA wird es nicht erfahren. Nachbarn hätten sich beschwert, heißt es später von der Pressestelle der Trinkvereinigung.
Vielleicht lag es am plötzlichen Fehlen des Aussie Doodles, das der Gastgeber einen glücklicheren Start in die zweiten 45. Minuten erwischte und nur vier Minuten brauchte um auf 2:0 zu erhöhen. Zuvor kratzte ihr Torwart einen Kopfball von Henk aus dem Eck. Im Gegenzug eine Unachtsamkeit der Defensive und es war passiert. Während die einen schon Zweifel an der Begründung des Stadionverbots für Pudel Rudi hegten, gab es weitere Verschwörungstheorien. Eine unheimliche pinke Puppe hing im Netz des Gegners. Wie der Torwart unverhohlen verriet, hört sie auf den Namen Vanessa. Und die leistete ganze Arbeit. Wie vernagelt schien das Tor der Trinkvereinigung.
In Kombination mit ihrer Effizienz eine passable Mischung. 57. Minute ein Freistoß Marke Nkunku – keine Chance für Ott. 3:0. Als paar Minuten später das 4:0 fällt, droht eine Derbyklatsche. Aber wie war das mit dem Krönchen richten? Genau, denn die restliche halbe Stunde gehörte weitestgehend den Gästen. Doppelchancen, Abseitstor und dann die Erlösung durch Lesch in der 71. Minute. Auch wenn sich der Chronist des Abends nicht mehr erinnern kann, wie es gefallen ist, es hatte nochmal Signalwirkung. Alles nach vorne die Devise und als Arlt in der 85. Minute mit einem Zauberschuss aus 20 Metern unter die Querlatte das 4:2 besorgte, keimte tatsächlich nochmal Hoffnung auf. Zwar musste der Torschütze im Anschluss aufgrund eines bis dato nicht nachweislich diagnostizierten „Krampf im Unterfuß“ den Platz verlassen, die Sturm-und-Drang Phase des Och Jeck FC ging nun gefühlt schon so lange wie die gleichnamige Literaturepoche und konnte nur durch den Schlusspfiff des Schiedsrichters beendet werden.
Am Ende gelang aber kein Tor mehr und so verlor der Och Jeck FC das zweite Spiel der Saison mit 2:4. Wenn die Sterne zwischen Penny und Aldi an diesem Abend anders gestanden hätten, wäre mindestens ein Punkt gerecht gewesen, so blieb den Gästen am Ende nur die faire Gratulation an die Trinkvereinigung, die nach dem Spiel ihrem Namen alle Ehre machten und ihren Derbyrivalen auf ein leckeres Früh-Kölsch einluden. Ob Star-Anwalt, Tik-Tok Legende, Ausputzer und Sponsor der Trvgg. Sülzolloberg, Christian Klages die Kästen in einem der oben genannten Discounter erworben hat, ist nicht recherchiert worden.
Dieser Ausklang des Abends in Verbindung mit den Kabinen, die beim SV Rot-Weiß Zollstock annähernd Bundesliganiveau haben, war ein versöhnlicher Abschluss einer schon vergessenen Niederlage im Schatten des Supermondes über Köln-Zollstock-Klettenberg. Im Hintergrund vernahmen manche noch ein dumpfes Bellen. Es kann nicht Rudi gewesen sein. Den erlöste Hacki bereits in der 63. Minute aus dem Kofferraum und fuhr vorzeitig nach Hause. Es gibt eben wichtigere Dinge als ein Sieg in der Bunten Liga.
TORE: 1:4 Lukas Lesch (71. Minute), 2:4 Martin Arlt (85. Minute)
„Wow-wow. Och Jeck FC verhindert Derbyklatsche dank Gaga-Hund“
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